Inklusion und Australien: Von den andern lernen, heißt…

Von Friedrich  Bräuninger –

Einen Blick über die Grenzen zu werfen  und dann die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen ist allemal eine höchst interessante und lohnende Sache. „Prüfet alles, das Beste behaltet“, schrieb schon der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther. Getreu diesem Motto werden die Bayerischen Medien-Golfer künftig in loser Folge auf dieser Website immer wieder mal Stories bringen, die den Golfsport für Menschen mit Behinderungen in anderen Ländern und Kontinenten beleuchten.  Dass die deutsche Golf-Community (und sogar die bayerische…) hier noch einigen Nachholbedarf hat und vieles lernen kann, ist wohl unbestritten. Zu diesem Monitoring und Wissenstransfer  möchten wir gerne einen weiteren Beitrag leisten.

Golf-Reisende und Autorin - Brigitte Zander.

Golf-Reisende und Autorin – Brigitte Zander.

Starten wollen wir diese Serie mit einem Exklusivbericht unseres Mitglieds, der früheren Stern-Redakteurin  Brigitte Zander, die seit vielen Jahren zusammen mit ihren Ehemann regelmäßig mehrere Monate in „downunder“ verbringt. Während Werner beim Segelfliegen sich die Welt von oben betrachtet, spielt Brigitte unten  bei mitunter extremer Hitze und auf von Heuschrecken besetzen Grüns ihr Golf. Meistens aber sei alles ganz wunderbar, gerade im deutschen Winter weiß sie das Klima und die Atmosphäre in Australien sehr zu schätzen. Brigitte Zander  war  bis 2015 ständiges Mitglied der Jury „Deutschlands beste Golfclub-Websites“, einem Medienpreis, den die Bayerischen Medien-Golfer  neben den Awards für Clubmagazine neuerdings auch für das Thema  „Inklusion“  regelmäßig  veranstalten. Australien steht ja im Alphabet noch vor Austria und den in Sachen Behinderten-Golf in vielen Punkten recht aktiven „Ösis“ werden wir im Rahmen dieser Serie ganz gewiss eine Story widmen. Jetzt aber schau’n wir erst mal, was sich auf dem weit entfernten fünften Kontinent hier so tut.

Australien: Jederzeit willkommen

In Australien muss sich kein behinderter Golfer ausgeschlossen fühlen. Jeder Mitbürger mit einem körperlichen oder geistigen Handicap ist auf den rund 1500 Golfplätzen des fünften Kontinents willkommen. Der Dachverband Golf Australia arbeitet eng mit allen Behindertenorganisationen zusammen: mit dem Verband  der Blinden, Gehörlosen, Amputierten, Transplantierten, mit dem Verein der behinderten Sportler („Disability Sports Australia“) , und der Organisation  „Sport connect“. Das generelle Ziel der Zusammenarbeit ist es, den Behinderten durch Organisation, Forschung, Schulung der Mitarbeiter, und Training eine angenehme Sportumgebung zu schaffen.

Während in manchen Ländern der Welt das Spiel mit dem kleinen Ball eher als Beschäftigung für die reiche Elite gilt, ist Golf in Australien ein Volkssport. Kinder drehen mit ihren Eltern die ersten Runden über den Platz; und in vielen Schulen steht Golf ebenso wie Tennis auf dem Stundenplan. Man weiß, dass Golf ein psychischen und physischem Wohl- und Gemeinschaftsgefühl vermittelt. Und davon sollen auch Mitbürger mit körperlichen Einschränkungen profitieren. Die Organisation  „Empower Golf Australia – for all Abilities“ (www.empowergolf.com.au) forciert  die Einbeziehung aller irgendwie Behinderten in die grosse Golfergemeinschaft. Fast jedes Bundesland unterhält –neben den kontinentweiten Dachverbänden – noch eigene Behinderten-Gruppierungen für Golfer mit einem gesundheitlichen Handicap.  Manche Clubs werben mit besonderen Schwungkliniken für Behinderte . Es existiert ein spezielles Golfmagazin für Amputierte. Da man in Australien grundsätzlich gegenüber Behinderten sehr hilfsbereit eingestellt ist, versteht es sich von selbst, dass selbst kleine Land-Vereine Clubhäuser mit  behindertengerechten Eingänge haben. Carts und Betreuungspersonal sind für Behinderte auch bei wichtigen Turnieren erlaubt. Manager finden bei ihren Dachverbänden spezielle Regelbücher für den Behinderten-Golf, Werbematerial, sowie einen Jahreskalender mit allen australienweiten Behinderten-Veranstaltungen.

Gute Laune vor dem Abschlag: australische Behinderten-Golfer mit ihrem Team-Captain und Spiritus Rector James Gribble (2.v.r.)

Gute Laune vor dem Abschlag: australische Behinderten-Golfer mit ihrem Team-Captain und Spiritus Rector James Gribble (2.v.r.)

Um mit dem Veranstaltungskalender anzufangen: Für dieses Jahr waren für die genannten Behindertengruppen insgesamt 20 landesweite Turnier angesetzt und zwar nicht irgendwo im Outback, sondern in den Hauptstädten und auf renommierten Plätzen. Außerdem nehmen die australischen Behinderten -Golfer traditionell in großer Zahl an den Behinderten-Weltmeisterschaften, den „World Disabled Golf Championchips“  teil, die heuer im August in Los Angeles stattfinden. Bei den Spielen in Japan belegten die Australier den dritten Platz nach Schweden und den USA, die Deutschen wurden achte. Für die Werbung und Organisation sorgt ein einer Verband: „Special Olympics Australia“. Dazu haben die australischen Golfverbände  – in Anlehnung an die USA-Regen – 2012 neue Wettbewerbs-Regeln für „Golfers with disabilies“ aufgestellt, damit jeder Sportler mit gleichen Voraussetzungen antreten kann. So darf z.B., ein blinder Golfer einen Coach und einen Caddie gleichzeitig mit auf die Runde nehmen. Amputierte Spieler dürfen im Rough bzw im Buschgelände mit Hilfe ihrer Begleiter auch Äste abbrechen, um einen festen Stand für den Schlag zu finden.  Wer auf andere Puttlinien tritt bzw. rollt wird nicht mit Strafschlägen traktiert.  Die Definition „unschlagbaren Ball“ ebenso wie die Bunkerregeln sind für Krückenträger oder Rollstuhlfahrer verständlicherweise liberaler als für gesunde Golfer. Der Caddie darf beim Droppen helfen, unter Umständen auch den Ball in schlagbare Nähe zu rücken. Nachzulesen unter www.golf.org.au/modifiedrules. Brigitte Zander