Reisebericht – Flucht nach Andalusien

– Von Brigitte Zander –

Z3AWenn Mitte Mai daheim Regen den Golfern ins Gesicht peitscht und die Temperatur Sehnsüchte nach Sauna und Glühwein weckt, schleppt man gern den schweren Reise-Golfsack zum Flughafen. Auch, wenn er – je nach Airline – pro Strecke 50 Euro und mehr kostet. Nichts wie ab in den Süden. Beispielsweise nach Andalusien: 2000 Kilometer von München entfernt, etwa auf der Höhe von Tunis. Das müsste doch reichen.

Wir erwischten tatsächlich in dieser einen Woche in Novo Sancti Petri fünf Sonnentage. Doch die Touristen, die vor uns da waren und nach uns ankamen, standen den halben Urlaub windumtost im kalten Regen. „Richtig warmes Golfwetter bei dem vom Fremdenverkehrsamt bejubelten strahlend blauen Himmel ist im Frühling auch hier so selten wie ein Acht-Meter-Putt ins Loch“, klärte uns ein reiseroutinierter Golfer auf. Dass im Ferienkatalog der Mai noch in der preisgünstigen Vorsaisonzeit B liegt, hat seinen Grund. Der Hotelpool ist sehr erfrischend, das Meer nur kurz bis zu den Waden betretbar, und beim Strandspaziergang empfiehlt sich eine Windjacke.

Doch hier soll nur von unseren fünf schönen warmen Golftagen berichtet werden.

Z1ANovo Sancti Petri ist ein neuer gehobener Ferienort, eine Stunde Shuttle-Busfahrt vom Flughafen Jerez entfernt, mit Hotels am Natursandstrand und einem 36-Loch-Golfclub in Fußgängernähe. Die Golflegende Severiano  Ballesteros hat ihn am Rand einer leicht hügeligen Dünenlandschaft entworfen. Die ersten 27 Loch wurden schon 1990 eröffnet, was den soliden Bestand an Pinien, Korkeichen, Olivenbäumen und Palmen neben den Fairways erklärt. Der Kurs A heißt zutreffend „Mar & Pinos“, weil die ersten neun Loch an Seehindernissen vorbei zum Strand führen. Sensationell ist das Loch 6 mit weitem Blick aufs Meer und auf die Strandläufer. Stolze Golfer schwingen da gern einen Schläger zum Fotofinisch. Die zweite Runde – Loch 10 bis 18 – beginnt auch wieder am Clubhaus und verlangt gerade Schläge. Wer verzieht, hört noch ein „Klock“ und sieht seinen Ball günstigstenfalls senkrecht aus einer Pinien plumpsen. Den Rest finden Greenkeeper, die die Fundstücke säckchenweise günstig anbieten. Man braucht also keine zwei Kilo Golfbälle von daheim mitzuschleppen.

Auf dem Kurs B („Centro“) kann man schlecht auf halber Strecke aussteigen; der Rückweg zum Clubhaus ist weit. Folglich quälen sich auch reine Flachlandspieler die steileren Hügel zwischen den Löchern 10 und 13 hinauf, werden aber für die Mühe durch einen grandiosen Meeresblick belohnt. Reiher, Möwen, bettelnde Enten und Spatzen beleben den Platz. In den Seen gründeln dicke Karpfen. Die Blumenbeete und sanft-gelben Bunker im Sonnenlicht trösten über miese Schwünge hinweg. Und Immobilien-Interessenten können am Rand ihres Spielterrains formschöne bunte Reihenhäuser, Bungalows, Villen und Paläste bewundern, die in der spanischen Bauboom-Ära entstanden sind und beweisen, dass spanische Architekten mehr als eine Idee in ihrem Berufsleben haben. Manche sind jetzt preisgünstig zu erwerben.

Z2ADie Leser des Golfportal www.1golf.eu wählten die Plätze von Novo Sancti Petri auf den Platz 8 der 50 populärsten europäischen Golfplätze. Damit lobten sie offensichtlich nicht nur Ballesteros Meisterstück, sondern auch die Greenkeeper, die stets gepflegte Fairways und gut spielbare Greens produzieren, ohne während des Spiels merklich zu stören. Anerkennenswert ist auch der Service des Clubs. Man kann seine Bags für 4.50 Euro pro Woche einstellen und zu Fuß über das gegenüberliegenden Shopping- und Cafézentrum zum Hotel zurück bummeln. Alternativ bieten die Hotels auch einen kostenlosen Shuttle zum Club und zurück an. Dieser Shuttle-Service ist vermutlich der Grund, warum viel Golftouristen den dritten Platz C – „Campagno Golf“ (neu seit 2007) des Golfclubs Novo Sancti Petri nie zu Gesicht bekommen. Denn er liegt zehn Kilometer entfernt. Viele Reisekataloge  wie z.B. Dertour bieten in ihren Greenfee-Paketen alle drei Plätze A, B, und C an;  beim Startzeit-Buchen bekommt man automatisch aber nur A und B. Dabei würde sich der kleinere aber schwieriger zu spielende Platz C zur Abwechslung durchaus lohnen.

Ohne Paketbuchung kosten Greenfees in den Monaten Mai, Juni und September für Hotelgäste 55 Euro; im Juli, August und Oktober 75 Euro. Durchreisende zahlen rund 20 Euro mehr. Mindesthandicap 36; nach einem Ausweis wird nicht gefragt. In der Vorsaison dauern 18-Loch-Runden gut vier Stunden. Gerüchten zufolge steht man in der Hauptsaison hinter unendlich vielen Vierer-Flights auch mal sechs Stunden auf dem Platz herum, und beobachtet genervt bei den Vorgängern das Ritual von sieben Probeschwüngen am Abschlag oder minutenlanges Präzisionspendeln vor dem Putten.

Trotzdem geht man auch am nächsten Tag wieder zum Golfen. Denn es lässt sich nicht behaupten, dass es in Novo Sancti Petri ein bedeutendes kulturelles Gegenprogramm zum Golfen, Tennisspielen, Baden oder Strandwandern gibt. Wenn der Schwungarm schmerzt, mietet man allenfalls ein Auto (rund 80 Euro / Tag) und besichtigt den Felsen von Gibraltar, oder steigt einfach in den öffentlichen Bus, um die nahe Kleinstadt Chiclana zu erkunden.