Von der Algarve lernen heißt…

Ein Kommentar von Friedrich Bräuninger

Wichtige Trends und große Themen kündigen sich nicht immer mit einem mächtigen Paukenschlag an. Oft kommen sie eher beiläufig und unspektakulär daher, um dann doch einige Zeit später umso klarer die öffentliche Haltung und Meinung zu prägen. „Die Algarve startet die Aktion golf4all mit einem Turnier für behinderte Sportler“ lautete jüngst die Headline einer elektronischen Pressemitteilung, die man für gewöhnlich schnell wegklicken würde. Eben wieder mal einer von diesen unzähligen Versuchen der Werbestrategen, eine sonnige Golfregion mit allen kreativen Mitteln in die Wahrnehmung und Sehnsüchte der Tourismus-Zielgruppen zu pushen. An Portugals Südküste kämpfen die besten behinderten Golfer der Welt also um einen Pokal.  Aber wen, außer vielleicht ein paar von den Betroffen, soll das bitteschön interessieren?

Behinderten-Golfer im Sandbunker an der Algarve: Neue Form der Offenheit. Foto: ATA

Behinderten-Golfer im Sandbunker an der Algarve: Neue Form der Offenheit. Foto: ATA

Vielleicht steckt aber doch mehr dahinter. Während solche Nachrichten und Themen bislang in der Rubrik „unter ferner“ oder „nice to have“ liefen, rücken sie nun auf einmal ganz weit nach vorn. Sie sind Vorboten einer neuen Offenheit, die man in der als exklusiv und teuer geltenden Golfwelt so nicht haben wollte. Jetzt aber sollen die Golfer/innen mit Behinderung offenbar die Kronzeugen dieses Paradigmenwandels sein. Sie sollen aller Welt zeigen, was trotz eines gesundheitlichen Handicaps zwischen Abschlag und Grün möglich ist. Sollen das Interesse der Menschen in einer grundsätzlich alternden Gesellschaft wecken, damit sie bei den Golfclubs an die Tür klopfen. Hier soll sprichwörtlich jeder kommen dürfen. Dabei geht es eben nicht um nur um Inklusion, Therapie oder Reha, sondern um die schiere Lust und Freude an diesem Sport.

„Ich kann garantieren, dass an der Algarve alle Gäste mit offenen Armen empfangen werden“, darf Tony Bennett, Präsident der European Disabled Golfers Association (EDGA), zu Protokoll geben. Ausgerechnet ein Behinderter als Testimonial? Warum denn nicht!  Wenn man schon eine Willkommens-Kultur für sich reklamieren will, dann mögen auch die besonders glaubwürdigen Besucher sagen dürfen, was Sache ist.

Die Vordenker in der deutschen Golfszene haben eine Entwicklung a´la Algarve bereits auf Radar. Für die Clubs und ihre Verbände tun sich gänzlich neue Möglichkeiten auf, ein anderes, schöneres Gesicht zu zeigen. Die Kampagne der Portugiesen muss jetzt nicht mehr erfunden werden, sie ist schon da. Man kann über diese Idee nachdenken und sie kreativ in  den eigenen golferischen Mikrokosmos adaptieren.

Einfach wegklicken jedenfalls wäre genau das falsche Rezept.