BayMeGos auf Reisen: Nicht im, sondern am Mittelpunkt golfen

– Von Dr. Bernhard Obst –

Obst2Europos_Centro_Golfo_Klubas2Ein Golfplatz rund um den geographischen Schwerpunkt Europas – das klingt schon beeindruckend, wenn man sagen kann, man hat rund um den geographischen Schwerpunkt Europas Golf gespielt. Noch beeindruckender klingt es dann noch, wenn man erklärt, wo dieser Punkt sich überhaupt befindet: nämlich viel nordöstlicher als es die meisten vermuten würden, in Litauen nahe Vilnius. Ungefähr 45 Minuten von der Hauptstadt des Landes entfernt, haben jüngste Messungen den Flächenschwerpunkt Europas ermittelt, umgeben von Loch 5,6 und 7 des Golfplatzes „Europos Centro Golfo Klubas“.

Und das macht schon mal die Sonderstellung dieses Golfplatzes aus, denn wer nach dem Abschlag von der 7 die Stele und die Windrose besucht, darf am Ende der Runde vom Klubmanager eine Urkunde als “ Besucher des geographischen Schwerpunktes Europas“ in Empfang nehmen. Der Platz selbst mit 5502 Meter für Herren (CR 69,8, Slope 125) und 5129 Meter für Damen (CR 73,2 Slope 124) ist sportlich anspruchsvoll und landestypisch. Immer wieder führt er den Spieler durch Misch-oder Birkenwälder, an dunklen Seen und Bächen vorbei, teils auf sandigem Grund, teils auf wackligem Moorboden. Häufig wandert der Spielerblick ins Seiten-Aus, das oft aus reiner Sumpflandschaft besteht, mit von Bibern hinterlassenen Baumstümpfen. Man mag sich gar nicht vorstellen, welche Tiraden von Stechinsekten hier aus dem stehenden Gewässern und torfiger Erde in den heißen Sommermonaten aufsteigen könnten.

Bis in den Juli hinein, und ab Mitte September soll man aber vor den Blutsaugern sicher sein, wenn man hier die Schläger schwingt. Das sollte auch gesichert sein, denn die ersten 9 Löcher zeichnen sich vor allem durch viele Wasserhindernisse aus. Schade ist auch, dass es an Platzinformationen fehlt. Die Informationstafeln am Abschlag geben nur das Nötigste wieder, ein Birdie-Book ist „noch in Arbeit“( eine in Litauen häufig zu hörende Phrase), bei dem seit 2005 existierendem Klub.

Fotos: Bernhard Obst

Fotos: Bernhard Obst

Das ärgert umso mehr, als das der Platz sehr gepflegt ist mit überraschend flotten Grüns. Leider muss man als Greenfee-Spieler oft einen Blindschlag wagen, ohne genau zu wissen, wie das Loch genau angelegt ist. Das ergibt naturgemäß noch ein paar Überraschungen mehr, als der Platz sowieso schon bietet. Am vorletzten Loch zum Beispiel zeigt zwar eine Stange den Weg für die optimale Flugbahn an, doch möchte man eher einer weiteren Stange auf einer Rasenkuppel trauen, da die Verlängerung eben nicht Richtung See zeigt.

Mitteleuropäische Golfer werden bei diesem sehr interessanten Platz im Service noch weitere Abstriche hinnehmen müssen: Toiletten sind keine auf dem Platz vorhanden, das Klubhaus liegt ein Stück vom Grün der 9 und dem Abschlag der 10 entfernt. Getränke müssen gleich vor Start gekauft werden(1/2 Liter Wasser für 1 Euro 20), kleine Snacks sind Fehlanzeige. Die Bewirtung im Klubhaus ist äußerst freundlich, die schlichte Speise landestypisch (Krautsuppe mit Lammfleisch). Das Greenfee liegt mit 44 bis 52 Euro im Landesschnitt, die Webseite arbeitet leider nur in der Landessprache, vor Ort wird allerdings auch gutes Englisch gesprochen.